Ich war jung, zuversichtlich und voller Elan, als ich, gerade mal 26, als Zahnärztin eine Praxis im Odenwald übernahm. Es gab ein großartiges, engagiertes Team, bestehend aus fünf zahnmedizinischen Fachangestellten, einer Rezeptionskraft und mir selbst.
Ich war glücklich und zufrieden, waren doch alle an ihrem Platz gut eingearbeitet und unersetzlich. Sie verstanden sich prächtig und arbeiteten Hand in Hand.
Dann kam die große Ernüchterung.
Sechs Monate nach der Praxisübernahme kündigte eine der beiden Vollzeitmitarbeiterinnen (für mich) aus heiterem Himmel.
Ich erinnere mich gut an das betäubende, wattige Gefühl, als ich das Kündigungsschreiben in der Hand hielt und so gar nicht wusste, was ich jetzt machen sollte. Ich war vollkommen überrascht, hatte nichts von irgendeiner Unzufriedenheit, einem Veränderungswunsch oder von Missstimmungen mitbekommen; war wohl zu sehr beschäftigt mit den fachlichen Herausforderungen, den Patienten, der Abrechnung, dem aktuellen Tagesablauf – einfach allem, was auf mich einstürmte.
Es war der Moment, in dem ich mich zum ersten Mal fragte: Wie geht gute Unternehmensführung? Wie bin ich, neben meinem Anspruch eine gute Zahnärztin zu sein, auch eine gute Arbeitgeberin?
Mir wurde schmerzhaft klar, dass ich in der Uni zwar sehr gut in den medizinischen Themen ausgebildet worden war, jedoch von Betriebswirtschaft, Unternehmensführung und Unternehmenskultur keine Ahnung hatte.
Dieses Schlüsselerlebnis hat mich nachdenklich gemacht und angespornt, mich tiefer mit Unternehmens- und Teamentwicklung, mit Fragen der Führung und Unternehmenskultur zu beschäftigen. 2016 habe ich eine Ausbildung zur Supervisorin gemacht, um mich in diesen Themen nach den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Supervision und Coaching professionell weiterzuentwickeln.
Im Rahmen der Ausbildung habe ich zu unterscheiden gelernt: Welche Beratungsangebote gibt es auf dem Markt und welche davon sind seriös? Welche Art von Beratung bringt Praxen wirklich weiter?
Durch die Weiterbildung und den Fokus auf die Supervision in der eigenen Praxis hat sich mein Leben als Zahnärztin vollkommen verändert. Ich weiß jetzt, mit welchen Maßnahmen es möglich ist, Personal in den Praxen weiterzuentwickeln; wie wichtig es ist, die Bedürfnisse, Motivationen und Werte der einzelnen Mitarbeiterinnen zu entdecken, sie zu kennen, zu stärken und so an die Praxis und ans Team zu binden.
Ich habe gelernt: Je zufriedener eine Mitarbeiterin ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie der Praxis auch in Zukunft treu bleibt. Denn: Mangelnde Wertschätzung ist für viele Mitarbeiterinnen der häufigste Grund den Arbeitsplatz zu wechseln. Und damit ist nicht allein die Wertschätzung durch ein gutes Gehalt gemeint. Eine Gehaltserhöhung hält unzufriedene Mitarbeiterinnen nur kurzfristig.
Untersuchungen zeigen, dass die Verbundenheit zu einem Unternehmen (also natürlich auch zu einer Zahnarztpraxis) wesentlich davon abhängt, ob Mitarbeiterinnen an Entscheidungen beteiligt werden, ob sie gesehen werden und Raum für die Entfaltung ihrer Stärken geschaffen wird. Die Stärkung der Selbstwirksamkeit spornt Mitarbeiterinnen zu Höchstleitungen an.
Was genau steckt in den Beratungsformaten Supervision und Coaching? Um es mal ganz einfach zu sagen: Supervision ist Beratung für Personen und Organisationen, die anspruchsvolle Beziehungsarbeit leisten. Sie ermöglicht kontinuierliche Berufsrollenreflexion und leistet einen Beitrag zur Entwicklung der ganzen Organisation. Coaching – das wissen die Wenigsten – ist anlassbezogen, lösungsorientiert und zeitlich begrenzt. Und zwar mit Blick auf ein ganz bestimmtes professionelles Problem.
Coaching unterstützt bei der Selbstreflexion und bei der Erprobung neuer Verhaltensweisen.
In meiner Praxis haben wir mithilfe von Supervision und Coaching eine neue Unternehmenskultur etabliert. Im Mittelpunkt dabei: Die Beziehungen der Mitarbeitenden untereinander, zu meinem Arztkollegen und mir, aber auch zu den Patienten werden professionell reflektiert. Die Arbeitsprozesse werden in der Praxis gemeinsam geprüft, überdacht und wenn nötig neugestaltet – und es werden Strategien z. B. zur besseren
Vereinbarung von Beruf und Familie entwickelt. Alle Mitarbeiterinnen sind an den Entscheidungen, die den eigenen Arbeitsbereich betreffen, beteiligt. Ihre Expertise wird Teil der Lösung, sodass wir in der Lage sind, auch fachfremdes Personal oder Wiedereinsteigerinnen in den Beruf einzubinden.
Ich habe auch festgestellt: Das Selbstbewusstsein der Mitarbeiterinnen ist erkennbar gestärkt, seit wir Supervision und Coaching einsetzen. Wir bekommen regelmäßig Rückmeldungen unserer Patienten über das angenehme Praxisklima und die gute Betreuung.
Einen positiven Nebeneffekt hat die neue Praxiskultur auch noch: Durch regelmäßige Supervision und Angebote für Einzelcoaching im Hinblick auf Gesundheit/Prävention und Burn-out-Prophylaxe erfüllen wir die Auflagen bezüglich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.
Nach allem, was ich in verschiedenen Formen der zahnärztlichen Tätigkeit, sei es in der Einzelpraxis, der BAG oder mit angestellten Kolleginnen, erfahren und erlebt habe, bin ich überzeugt: Jede Praxis ist nur so gut wie ihr Team. Deshalb ist es das Beste, was man als Praxisinhaber tun kann, in dieses wertvolle Gut zu investieren – am besten mithilfe seriöser, professioneller Beratung.
Die Deutsche Gesellschaft für Supervision und Coaching e.V. (DGSv) setzt sich seit ihrer Gründung 1989 für die Qualität von Supervision und Coaching ein. Sie vertritt die fachlichen und berufspolitischen Interessen ihrer Mitglieder – Supervisor/-innen, Coaches und Organisationsberater/-innen.
Im DGSv-Berater-Scout können Sie aus über 4.100 Supervisor/-innen, Coaches und Organisationsberater/-innen den/die genau passende finden: dgsv.de/berater-scout